„Die Tänzerin von Auschwitz“

Bramscher Landfrauen besuchten die Ausstellung in St. Katharinen in Osnabrück

Pastor Otto Weymann erzählte zunächst die Entstehungsgeschichte des Buches von Paul Glaser mit obigem Titel über das Leben seiner Tante Roosje Glaser. Der Autor fand nach dem Tode seiner Großmutter 50 Briefe, die Roosje aus dem KZ Auschwitz an ihre Mutter geschrieben hatte. Sein Vater, Roosjes Bruder, bestätigte die Angaben in den Briefen. Daraufhin besuchte Paul seine mittlerweile in Schweden lebende Tante, die ihm nach anfänglichem Zögern ihre Tagebücher und ehemals in Nijmegen in den Niederlanden vor ihrer Deportation vergrabenes Filmmaterial zur Verfügung stellte. Auf einer Reise nach Krakau besuchte Paul das ehemalige KZ Auschwitz. Besonders beeindruckt hatten ihn die Berge von u. a. Brillen, Schuhen und Koffern, die die ehemaligen KZ-Insassen abgeben mussten. Auf einem der Koffer entdeckte er seinen Familiennamen Glaser. Das war der Anlass zum Schreiben des Buches über seine Tante Roosje.

Roosje Glaser kam 1914 in Nijmegen in den Niederlanden als Tochter eines Margarinegroßhändlers  zur Welt. Als selbstbewusste junge Frau liebte sie das Tanzen. Mit ihrem Mann Leo eröffnete sie eine Tanzschule, die sie einige Jahre führten. Inzwischen erlangte die nationalsozialistische Bewegung auch in den Niederlanden immer größere Bedeutung und gewann immer mehr Anhänger. Roosje weigerte sich, einen Judenstern zu tragen. Sie musste die Tanzschule aufgeben, unterrichtete aber auf Dachböden oder in Parks weiter. Sie handelte sich durch ihre Unbeugsamkeit (Roosje: „Ich bin kein Problem, ich bin ein Mensch“) so viel Unmut ein, dass ihr Mann sie an die Behörden verriet. Sie wurde nach Auschwitz deportiert. Zuvor hatte sie einer Freundin Geld gegeben, damit diese ihr Lebensmittel und Kleidung ins KZ schicken konnte.

Auch dort hat Roosje das Tanzen nie aufgegeben. Sie hat sich um Arbeit bemüht, um den medizinischen Versuchen und der Gaskammer zu entkommen. Roosje selbst wurde sterilisiert und hat in der Munitionsfabrik gearbeitet. Mit einem NS-Mann begann sie ein Verhältnis, um zu überleben. Selbst den Todesmarsch nach Bergen-Belsen hat sie lebend überstanden. Nach Kriegsende gab Roosje sich den Alliierten gegenüber als Dänin aus und ist nach Dänemark gekommen. Sie heiratete einen Schweden und hat bis zu ihren Tode im Jahre 2002 in Stockholm gelebt. Alle Erniedrigungen und Ungerechtigkeiten haben ihren Lebensmut nicht brechen können, wobei ihre Freude am Tanzen und die damit verbundene positive Lebenseinstellung wohl eine große Hilfe waren, was sich auch in den in der Ausstellung gezeigten Bilddokumenten widerspiegelt. Die Ausstellung in der Katharinenkirche in Osnabrück ist noch bis zum 25. August geöffnet, Mo.-Fr. 10.30-16.30 Uhr, Sa. 11-12.30 Uhr, So. 14.30-16.30 Uhr. Ziel der erstmals gezeigten Ausstellung über das Leben der unbeugsamen Jüdin Roosje ist, über das Geschehene zu informieren und die Augen zu öffnen für die Zunahme an Antisemitismus, Rassismus und Nationalismus in der heutigen Gesellschaft verbunden mit dem Auftrag, als Zweitzeugen gegenzusteuern.