Stadtführung mit dem Rad in Magdeburg und Radtour nach Schönebeck
Dienstag, 26. Juni 2018
Unsere Reise begann um 06.45 Uhr nach Magdeburg, wo der Radreiseführer vor Ort Wolfgang Schramm auf uns wartete. Die Stadtführung per Rad begann direkt am Elbufer, wo oberhalb der Stadtmauer die St. Petri- und die St. Johanniskirche, sowie die Walloner Kirche beeindruckten.
Magdeburg wurde 805 erstmals erwähnt und wurde als wehrhafte Stadt erbaut. Die nördlichste Bastion der Befestigungsanlage ist die Lukasklause, in der heute das Otto-von-Guericke-Museum befindet. Der Wissenschaftler bewies mit seinem Versuch, dass die Luft ein Gewicht hat und einen Druck ausüben kann: zwei dickwandige Messinghalbkugeln fügte er mit einer Dichtung aus Wachs und Terpentin zusammen und evakuierte diese Kugel von 42cm Durchmesser mit der von ihm erfundenen Kolbenluftpumpe durch ein Ventil an einer der beiden Halbkugeln. Er schloss das Ventil und spannte vor jede Halbkugel 8 Pferde, die die Halbkugeln nicht trennen konnten, weil die Luft mit einer Kraft von 13580N auf die Kreisfläche im Inneren drückte.
Am Elbufer entlang fuhren wir weiter nach Norden, überquerten die Elbe und erreichten den Elbauenpark mit seinem 68m hohen Jahrtausendturm, dem höchsten seiner Art in Europa. Er wurde zur Bundesgartenschau 1999 aus Holz in Kegelform errichtet und kann über eine außen angelegte Wendeltreppe auch von Gehbehinderten bestiegen werden. Bei guter Sicht kann man von der Turmspitze bis zum 72km entfernten Brocken schauen.
In seinem Inneren sind Experimente von Otto von Guericke zu sehen und ein Pendel von Foucault, mit dem der Wissenschaftler die Drehung der Erde um ihre eigene Achse nachgewiesen hat. Zum Areal des Elbauenparks gehört auch der Pappelsee mit einer Seebühne, die 1800 Gästen von jedem Platz aus Hörempfinden in höchster Qualität bietet. Der Hügel auf dem Gelände ist mit einer 42km langen Laufstrecke ausgestattet, so dass Zuschauer bei Laufwettkämpfen das gesamte Feld überblicken können. Vorbei am Kloster unserer lieben Frauen, das zur Straße der Romantik gehört, gelangten wir schließlich zum Dom: eine dreischiffige gotische Kirche, die in ihrem Inneren durch ihre Höhe und Schlichtheit besticht. In der Innenstadt befindet sich auch die grüne Zitadelle, ein von Friedensreich Hundertwasser entworfener Gebäudekomplex.
Auf dem Rückweg in die Stadt kamen wir noch einmal an der Lukasklause vorbei, die zur Festungsanlage Magdeburgs gehörte und von 1650 bis 1800 in Funktion war. In NS-Richtung war die Anlage 6km lang, und in OW-Richtung maß sie 3km. Heute hat Magdeburg 129 000 Einwohner, 40 000 sind nach der Grenzöffnung abgewandert. Die größten Arbeitgeber sind die Universität und die Firma Enercon, die Windräder herstellt.
An der Elbe entlang kamen wir zum Wissenschaftshafen, in dem gerade ein Kettenraddampfer restauriert wird, mit dem beladene Schiffe an einer Kette elbaufwärts gezogen wurden. Dort befindet sich auch das Modell einer Hubbrücke, die 2,78m hochgezogen werden kann, um Schiffe darunter herfahren zu lassen. Über die Hubbrücke im Original kamen wir nach geradelten 30km auf dem Elberadweg nach Schönebeck zum Hotel.
Radtour über Pömmelte und Barby nach Aken
Mittwoch, den 27. Juni 2018
Unsere Radtour begann um 09.00Uhr bei strahlendem Sonnenschein. Das erste Ziel war die Salzblume von Schönebeck: Eine Skulptur aus Metall, die an die Salzförderung in der Region erinnert. Der Stiel ist der Förderschacht, die segelförmigen Blütenblätter symbolisieren den Transport auf dem Wasser und die Staubgefäße sind Würfel, die für die Verwendung des Salzes stehen. Heute wird in Schönebeck kein Salzgestein mehr gefördert. das geschieht in der Region um Magdeburg noch und wird bis nach Indien geliefert. In Höhe der Elbdeichkrone fuhren wir in Schönebeck an einer langen Zeile Fachwerk-Reihenhäuser vorbei, die alt, aber gekonnt restauriert waren. Ehemals wurden sie von Arbeitern in der Salzindustrie bewohnt.
Unser Radreiseleiter führte uns weiter nach Pömmelte zum Ringheiligtum. Die ca. 4300 Jahre alte Kultstätte umfasst sieben Ringe hölzerner Palisaden, Gruben und Wälle mit einem Gesamtdurchmesser von 115m. Zwei Hauptachsen führen in den Innenraum. Sie sind auf bestimmte Positionen des Sonnenstandes ausgerichtet. Über 300 Jahre nutzten die Menschen der Jungsteinzeit und der frühen Bronzezeit diese Stätte für ihre Rituale.
Unser heutiges Radfahrziel Barby erreichten wir auf teilweise unbefestigten Schotterwegen durch das Biosphären-Reservat Elbtal, weil der Elbedeich auf diesem Stück erhöht und repariert werden muss und wir den Elberadweg nicht befahren konnten. In Breitenbach kamen wir wieder an die Elbe und die restlichen Kilometer nach Barby konnten auf asphaltierten Wegen und Straßen zurück gelegt werden. Am Ortseingang von Barby erfreuten wir uns an einer Vielzahl restaurierter Villen. Die Mittagspause machte ein paar Fotos möglich vom Rathaus, der Marienkirche und dem Schloss, in dem heute das Amtsgericht zuhause ist.
Weiter ging die Radtour durch das Biosphären-Reservat Mittelelbe nach Aken, wo nach 53 geradelten Kilometern der Bus auf uns wartete und nach Schönebeck zurück brachte.
Fahrt zur Luther-Stadt Wittenberg und Gondelfahrt durch den Wörlitzer Park
Donnerstag, den 28. Juni 2018
In Wittenberg wurden wir in zwei Gruppen aufgeteilt und erhielten eine Führung mit dem Rad durch Wittenberg und Umgebung. Begonnen wurde die Führung an der Thesentür. Als Martin Luther am 31. 10.1517 seine 95 Thesen an die Tür der Schlosskirche nagelte, war sie aus Holz, und damit begann vor 501 Jahren die Reformation. Heute ist sie aus Bronze und die Thesen darauf als Relief zu lesen. Gleich in der Nähe befindet sich auf dem Marktplatz das alte Rathaus. Die Justitia über dem Eingang trägt keine Augenbinde, weil die Stadt Wittenberg sich die Gerichtsbarkeit für 1000 Gulden erkauft hatte. Vor dem Rathaus sind die Standbilder links von Philipp Melanchthon, Freund, Wegbegleiter und Kritiker Luthers, und in der Mitte von Martin Luther. Das Besondere daran ist, dass erstmals Denkmale für Weltliche errichtet wurden. Überragt wird der Marktplatz von den Türmen der Marienkirche, in der Martin Luther predigte, Katharina von Bora heiratete und seine Kinder getauft wurden. Gegenüber vom Rathaus stehen die sorgfältig restaurierten Kranach-Häuser. Wieder auf der Schlossstraße erhielten wir auf dem Gelände der Universität Leucorea Informationen über die Lehrstühle, von denen Martin Luther den wichtigsten für Theologie besetzte. Gleich nebenan sind die Wohnhäuser der Familien Luther und Melanchthon. Die Familie Luther bewohnte eine Augustiner-Klosteranlage, die nach Auflösung des Klosters zum Verkauf stand. Dort hat Katharina von Bora für 40 Personen den Haushalt geführt und für die finanzielle Absicherung der Familie gesorgt.
Der Stadtführer radelte mit uns weiter zum neuen Hauptbahnhof, der komplett ökologisch geführt wird mit Solarenergie und Erdwärme. Für die Bahnstrecke Berlin-Nürnberg wurde die Eisenbahnbrücke über die Elbe erneuert, und somit kommen die Wittenberger heute in 40 Minuten nach Berlin.
Das nächste Ziel war die Hundertwasserschule, wie das Luther-Melanchthon-Gymnasium genannt wird. 1972 war das Gebäude ein reparaturbedürftiger Plattenbau. 500 000DM standen für die Reparatur zur Verfügung. Die Schüler wünschten sich eine Schule, die rund, bunt und ökologisch sein sollte. Dafür wandten sie sich in einem Brief an Friedensreich Hundertwasser und baten ihn darin um Hilfe und Unterstützung. Dieser übernahm daraufhin die Planung und Konstruktion. Die Kosten für diese Art der Erneuerung beliefen sich auf 4,5 Millionen DM, die aus verschiedenen Töpfen schließlich zur Verfügung standen. Jedes Fenster des Gebäudes ist anders, Dachbegrünung und Pflanzen, die aus Fenstern wachsen und eine Sternwarte gehören zum Outfit. Da jeder Arbeitsplatz der Schüler mit einem Internet-Anschluss versehen ist, darf sie sich Europaschule nennen.
Danach radelten wir nach Piesteritz. Dort gab es das Piesteritzer Stickstoffwerk, das Düngemittel herstellte. Als auf den dafür notwendigen Salpeter aus Südamerika nicht mehr zugegriffen werden konnte, reifte die Idee, Salpeter chemisch herzustellen. Dazu war nötig Land für die Fabrik, Wasser aus der Elbe und Brennstoff in Form von Braun-oder Steinkohle aus der Lausitz. Alles war vorhanden, außer Leute zum Arbeiten. Die wurden in Ausschreibungen angeworben und mit einem Reihenhaus mit Innentoilette und Garten in die bevölkerungsarme Gegend gelockt. Die Wohnsiedlung ist restauriert worden und heute eine bevorzugte Wohngegend, in der ehemals auch der Firmenchef und die leitenden Angestellten wohnten.
Auf dem Elberadweg fuhren wir nach Coswig und überquerten die Elbe mit einer Gierfähre. Diese wird von einer Verankerung aus an einem Seil gehalten. Durch Verlagerung des Seilangriffspunktes wird die Fähre durch das anströmende Wasser jeweils zum anderen Ufer vorwärts getrieben, ähnlich wie bei einem Segelschiff, das vom anströmenden Wind vorwärts fährt. Eine Kette von Bojen verhindert das Absinken des Halteseils auf den Grund.
Am Wörlitzer Park wartete Bernd Morgen mit Kaffee und Striezel am Bus. Auf diese Weise frisch gestärkt gingen wir in den Park, wo drei Ruderboote auf uns warteten und uns zu einer Parkbesichtigung von der Wasserseite einluden. Einen ganz besonders schönen Blick auf das Schloss mit Kirche und Vesta-Tempel hatten wir bei der Rückkehr von der Rundfahrt auf dem See.
Nach insgesamt 30 geradelten Kilometern erreichten wir um 19.30 Uhr mit dem Bus das Hotel.
Stadtbesichtigung in Dessau und Radtour nach Aken und Heimfahrt
Freitag, den 29. Juni 2018
Am letzten Tag unserer Reise fuhren wir nach Dessau. Die Stadtführung mit dem Rad begann an der Tiergarten-Brücke über die Mulde für Fußgänger und Radfahrer. Auf der einen Seite liegt die Innenstadt auf dem Hochufer mit Schloss und Kirche. Auf der anderen Seite liegt ein tiefer gelegenes Waldgebiet, das den Fürsten von Anhalt als Jagdgebiet diente. Vorbei am Denkmal des Fürsten Leopold III von Anhalt-Dessau, dessen Geburtstag gerade mit einer Kirmes gefeiert wurde, radelten wir zum Umweltbundesamt. Eine Altstadt gibt es in Dessau nicht, denn sie wurde im zweiten Weltkrieg komplett zerstört.
Dessau war in erster Linie eine Industriestadt, deren Hauptwerk aus Braunkohle Gas herstellte. Hinzu kam die Produktion von gasbetriebenen Geräten wie z. B. Herde oder Thermen. Nach der Wende wurde der Betrieb mit ca. 2000 Beschäftigten abgewickelt und das brach liegende Firmengelände mit seinen Gebäuden schließlich für den Hauptsitz des Umweltbundesamtes ( UBA ) genutzt. Seit 2005 sind in der Behörde 970 Mitarbeiter beschäftigt. Bei der Errichtung des Gebäudes wurde streng auf Ökologie geachtet: In das Faltdach über dem Eingangsbereich ist eine Photovoltaik-Anlage integriert, und das Flachdach ist mit Sonnenkollektoren ausgestattet. Solarenergie und Erdwärme ( 5km Rohrlänge! ) werden im Sommer zum Kühlen und im Winter zum Heizen genutzt. Für die sinnvolle Nutzung alter Industrieanlagen haben sich auch Bauhaus-Mitarbeiter stark gemacht. Das UBA ist die zentrale Umweltbehörde Deutschlands. Sie gehört zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit. Ihre Aufgabe ist die wissenschaftliche Unterstützung der Bundesregierung. Ihr angegliedert ist eine Fachbibliothek, die umweltrelevante Themen enthält.
Vom alten Bahnhof vor dem UBA fuhren wir zu dem von Walter Gropius 1919 gegründeten Bauhaus, dem „Tempel der Moderne“. Finanzielle Unterstützung erhielt die Gründung der Hochschule für Gestaltung von dem Industriellen Junkers (Flugzeugbau). Den Bauhaus-Meistern war der Zusammenhang von Handwerk und Kunst wichtig und umfasste Architektur und Innenausstattung. Das Bauhaus war das erste Gebäude mit einer vorgehängten Glasfront und auskragenden Balkonen. ( Auch Rasch-Tapeten wurden im Bauhaus entworfen! )
Die bevorzugten kubischen Formen setzten sich im Direktorenhaus und den drei Meisterhäusern fort, die wir im Anschluss aufsuchten. Das erste Haus des Gründers und Direktors Walter Gropius war bis auf die Grundmauern abgebrannt und wurde zur 100Jahr-Feier wieder aufgebaut, allerdings mit leichten Veränderungen, um die Anerkennung als Weltkulturerbe nicht zu verlieren. Die drei Meisterhäuser sind Doppelhäuser. Das Erste wurde von Feininger und Moholy-Nagy bewohnt, das Zweite von Muche und Schlemmer und das Dritte von Klee und Kandinsky. Sie waren die Lehrer für Kunst, Design und Architektur und wohnten zur Miete in diesen Häusern, deren Besichtigung heute möglich ist.
Zurück auf dem Elberadweg wurden wir durch das Biosphären Reservat Mittelelbe nach Aken geführt, wo der Busfahrer auf uns wartete. Nach einer kleinen Mittagspause mit einem „3-Gänge-Menu“ am Bus traten wir die Heimreise an. Wegen der Verkehrssituation auf der A2 und der Verkehrsdichte am ersten Ferienwochenende in Niedersachsen kamen wir erst um 22.00 Uhr in Bramsche wohlbehalten an.