SOLWODI

Bramscher Landfrauen informieren sich über Frauen in der Prostitution

SOLWODI steht für „Solidarity with Women in Distress“, Solidarität für Frauen in Not.

Die Hilfsorganisation SOLWODI e. V. zur Betreuung der Opfer von Menschenhandel, Zwangsprostitution und Beziehungsgewalt wurde 1987 von Lea Achermann gegründet. SOLWODI arbeitet unabhängig und überkonfessionell für die Rechte von Migrantinnen, die in Deutschland in Not geraten sind.

Die 75 festen Mitarbeiterinnen (16 davon sind Ordensfrauen) und zahlreiche ehrenamtlich Tätige bieten den Frauen in der Prostitution ganzheitlich ausgerichtete, psychosoziale Beratung, sichere Unterbringung in Schutzwohnungen, Vermittlung juristischer und medizinischer Hilfe und Unterstützung bei der Rückkehr in ihre Heimatländern an. SOLWODI setzt sich für ein Europa ohne Prostitution ein.

 

Aufmerksam folgten die über 30 Bramscher Landfrauen den Ausführungen der Referentinnen Martina Niermann von der SOLWODI Beratungsstelle in Osnabrück und Mechthild Auf dem Berge von den „SOLWODI- Sisters“, einer regionalen Aktionsgruppe gegen Prostitution. Ihr Ziel ist, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass käuflicher Sex nicht normal ist, denn Menschen, in diesem Falle Frauen, sind nicht käuflich! Über 90% der in der Prostitution arbeitenden Frauen sind Ausländerinnen. Viele von ihnen kommen aus Armutsländern wie z. B. Nigeria, Bulgarien und Rumänien. Einige Frauen wissen bei der Anwerbung Bescheid über ihre zukünftige Tätigkeit, werden aber mit dem Versprechen und der Aussicht auf viel Geld, das sie nach Hause schicken können, z. B. nach Deutschland gelockt. Im Zielland sind dann die Bedingungen ganz anders als erwartet: Sie geraten in Schuldknechtschaft durch überhöhte Preise für Pass oder Visum (10 000€) und für Kleidung (5 000€-7 000€). Hinzu kommen Miete und Lebensunterhalt. So sammelt sich eine Schuld von 60 000€-70 000€ an, die erst abgearbeitet werden muss. Viele der weiblichen Armutsflüchtlinge sind Roma aus Bulgarien, die dort in Ghettos leben. Sie verlassen ihre Heimat, weil die Hoffnung auf Wohlstand und Zukunftsperspektiven einfach zu groß ist. Hier angekommen leben sie dann häufig in einem Zimmer für 500€ Miete im Monat und müssen sich das Bad mit 6 weiteren Mitbewohnerinnen teilen. Wegen mangelnder Sprachkenntnisse befinden sie sich dann hier wieder in einem Ghetto.

Die Referentinnen berichten, dass die Arbeitssituation der Frauen in der Prostitution immer schwieriger wird. Aus Sicht der Betroffenen werden die Praktiken der Sexkäufer immer extremer und die Löhne immer niedriger. Die Frauen müssen jeden Kunden annehmen und müssen Sex in jeder Körperöffnung zulassen, wobei sie für mehr Geld auf Kondome verzichten. Sie werden von der Gesellschaft ausgeschlossen und geraten oft in Drogen- und/oder Alkoholabhängigkeit.

Martina Niermann und Mechthild Auf dem Berge berichteten auch über Arbeitsplätze von Frauen in der Prostitution. In manchen Großstädten gibt es Holzboxen, in die Sexkäufer mit der Frau ihrer Wahl in ihrem Auto Sex haben können. In Köln gibt es das „Pascha“, ein großes Bordell, in dem bis zu 1000 Sexkäufer bedient werden. Es gibt einen regelrechten Sextourismus nach Deutschland aus den umliegenden Ländern.

Im Folgenden beleuchteten die Referentinnen die Nachfrageseite der Prostitution. Oft sind es Männer, die mehrere Partnerinnen haben ohne familiäre Bindung oder auch gut verdienende Familienväter mit einer traditionellen Einstellung zur Männlichkeit. Den ersten Kontakt mit Sexkaufen haben einige, wenn sie allein mit Freunden unterwegs sind oder auf Betriebsausflügen und sich dem Gruppenzwang nicht entziehen können.

Typische Sexkäufer haben mehrere und wechselnde Partner, sind sexuell aggressiv und denken, die Frauen würden nichts empfinden. Bei diesen Männern stumpft oft die eigene Reizschwelle ab, die Geduld sinkt, wenn Wünsche nicht sofort befriedigt werden. Gewünscht werden immer krassere Inszenierungen, so dass in gewisser Weise von einem Suchtverhalten gesprochen werden kann.

Das Nordische Modell

Durch die Legalisierung der Prostitution im Jahre 2002 ist Deutschland zu einem Sextourismus-Land geworden. Daran ändert auch die Einführung des 2017 verabschiedeten Prostitutionsschutz-Gesetzes nichts, weil nach Ansicht von SOLWODI die Gewalt im System der Prostitution nicht erkannt wird. In den Ländern Schweden, Island, Norwegen, Kanada, Nordirland, Frankreich, Irland und Israel wurde das Nordische Modell erfolgreich umgesetzt. Es bestraft den Sexkauf und die Förderung der Prostitution. Die Frauen als Opfer der Prostitution bleiben straffrei und erhalten qualifizierte Begleitung beim Ausstieg. Dazu gehört auch Öffentlichkeitsarbeit zur Prävention und Bewusstseinsbildung an Schulen.

Das Nordische Modell vereinfacht die Kontaktaufnahme zu Frauen in der Prostitution. In Deutschland ist es schwierig, Kontakt zu ihnen zu bekommen. Nur wenige wenden sich an SOLWODI. Die Mitarbeiterinnen der Hilfsorganisation suchen den Kontakt mit Street-Work, was u. a. wegen der Sprachbarrieren oft lange dauert. Viele Frauen oder Mädchen kommen zu SOLWODI, wenn sie bei Razzien aufgegriffen werden, oder sie wenden sich über andere Hilfsorganisationen wie z. B. die Caritas an SOLWODI.

Die Evaluation in den Ländern mit dem Nordischen Modell ist noch nicht abgeschlossen, weil es noch nicht lange genug eingeführt ist. Sicher ist aber, dass es in Norwegen und Schweden deutlich weniger Menschenhandel gibt, weniger Sexkäufer und keine Morde an Prostituierten. Umfragen ergaben eine 70%ige Zustimmung der Bevölkerung zum Modell. Die SOLWODI-Mitarbeiterinnen halten das Nordische Modell für eine Lösung des Problems, denn die Haupteinnahmen ( geschätzte 14Mrd-15Mrd € ) dieses Geschäfts landen bei Schleusern, Menschenhändlern und Zuhältern und überwiegend nicht in Deutschland und schon gar nicht bei den Frauen in der Prostitution.