Pastorin Sonja Domröse stellt den Bramscher Landfrauen einige Beispiele vor
Anlässlich des 500jährigen Jubiläums der Reformation öffnet die Pastorin aus Stade den Blick von fast 50 Landfrauen auf einige mutige und gelehrte Frauen der damaligen Zeit.
Dass es einigen Frauen vor 500 Jahren gelang, Einfluss auszuüben, hatte nach Ansicht von Sonja Domröse drei Gründe:
Die Reformation wurde möglich durch die Übersetzung der Bibel aus dem Lateinischen und wurde damit jedem, Männern wie Frauen in gleicher Weise zugänglich. Dadurch gab sie einen ersten emanzipatorischen Impuls. In der Bibel wird kein Unterschied gemacht zwischen dem Klerus und dem glaubenden Laien: alle stehen auf einer Stufe und allen soll die Bibel zugänglich sein. Sehr förderlich dafür waren der von Johannes Gutenberg erfundene Buchdruck und die Druckerpresse. Dadurch war eine Beschleunigung von Verständigung und Verbreitung von Schriftgut möglich.
Die Referentin nennt als erste mutige Frau Argula von Grumbach. Sie versuchte, in einem Streit mit Professoren der Universität Ingolstadt, Partei zu ergreifen für einen jungen Mann, von dem verlangt wurde, dem evangelischen Glauben abzuschwören. Anhand der Bibel wollte sie nachweisen, dass der katholische Klerus Unrecht hat. Sie wurde aber gar nicht eingeladen und der junge Mann entlassen.
Der Katholische Abt Simon kritisiert in einem Buch die evangelische Kirche. Ursula Weyda entnimmt einer Bibelstelle von Joel, in der es heißt „Gottes Geist, ausgegossen über Männer und Frauen“ das Recht, sich dazu zu äußern und schreibt in derben Worten u. a. an den Abt: „du bist ein ziemlicher Idiot“, „ein ungehobelter Klotz, der die Bibel durchwühlt wie eine wilde Sau“.
Katharina Zell, eine „Kirchenmutter“ aus Straßburg, setzte sich dafür ein, dass Kinder lesen und schreiben lernen sollten. Gegen die Bestrafung ihres Mannes, eines ehemaligen Mönchs, wehrte sie sich beim katholischen Bischof in schriftlicher Form mit einem passenden Bibelzitat. Außerdem nahm sie Flüchtlinge auf, predigte und entdeckte, dass mit Liedern in der Kirche ein großer Einfluss ausgeübt werden kann.
Vor 500 Jahren galt für viele Frauen das Leben im Kloster als höchstes Ziel. Die Nonnen erlernten dort das Lesen und Schreiben und auch Krankenpflege. Als Kind wurde deswegen Elisabeth Cruziger ins Kloster gegeben. Als Erwachsene schloss sie sich dem evangelischen Gedankengut an, floh aus dem Kloster nach Wittenberg und hat als erste Frau ein evangelisches Lied gedichtet (im ev. Gesangbuch Nr. 67)
Elisabeth von Calenberg-Göttingen hatte als einzige Frau politische Macht. In ihrer Regentschaft hat sie die Reformation eingeführt. Gelder, die dem Fürstenhof zuflossen, behielt sie nicht für sich, sondern gründete einen „Klosterfond“. Später entwickelte sich daraus die heutige Klosterkammer. Sie führte in ihrem Einflussbereich eine neue Kirchenordnung ein und setzte damit den Grundstein für die Landeskirchen.
Es gab auch eine mutige katholische Frau zur Zeit der Reformation: die Äbtissin Caritas Pirkheimer. Sie leitete in Nürnberg das Klarissen-Kloster, das evangelische Geistliche auflösen wollten. Caritas und die Nonnen wehrten sich dagegen, denn sie waren freiwillig im Kloster. Die Kinder wurden zwar aus dem Kloster geholt, aber Klöster gegen den Willen der darin Lebenden aufzulösen, konnte unmöglich der Wille der ev. Kirche sein. In dem Streit setzte sich Philipp Melanchthon als Vermittler ein. So konnte das Klarissen-Kloster noch weitere 70 Jahre bestehen bleiben, nur durfte es keine neuen Mitglieder aufnehmen.
Olympia Fuheia Morata war weibliches Wunderkind und Gelehrte. Sie wurde erzogen wie ein Junge. Nachdem sie evangelisch geworden war, kam sie nach Auswandrung und Flucht schließlich nach Heidelberg, wo sie an der Universität eine Professur erhielt.
Katharina von Bora war Nonne, floh aus dem Kloster nach Wittenberg, wo sie 1525 Martin Luther heiratete. Sie war eine tatkräftige Frau, die eine Brauerei und Viehzucht betrieb, Ländereien erwarb, täglich bis zu 40 Personen verköstigte und damit das finanzielle Rückgrat der Familie war.
Zum Schluss stellte Sonja Domröse einen Bezug zu heute durch einen Hinweis auf Carolin Emcke her, die im letzten Jahr den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhielt, weil sie Frauen ermutigte, ihre Meinung zu äußern, um eine wehrhafte Demokratie ernsthaft zu verteidigen.