Mit ihren Erzählbänden „Die gute alte Zeit“ und „Klatsch und Tratsch beim Kaffeeklatsch“ unterhielt die Autorin, die seit Kurzem in Bramsche lebt, die Landfrauen auf vortreffliche Weise. Als Erstes versetzte sie ihre Zuhörerinnen in ihre Kinderzeit zurück, als Mehl und Zucker noch in Tüten abgefüllt wurde, es für 10 Pfennige noch eine Kugel Eis oder eine Briefmarke gab und der Milchwagen in der Straße klingelte. Zu der Zeit durften die Kinder in den Ferien zu Oma und Opa aufs Land, und wenn sie dort fleißig geholfen hatten, wurden sie mit einem Brot belohnt, dick mit Margarine bestrichen und dick mit Zucker bestreut.
Eine Generation weiter, etwa als die Kinder der Landfrauen in den Kindergarten gingen, spielt die Geschichte von der fünfjährigen Lisa, die ihre Eltern eines Tages mit der Frage: „Mama, wo komme ich eigentlich her?“ in Panik versetzte. Ablenkungsmanöver halfen zunächst, aber es stand fest, Lisa musste aufgeklärt werden. Mama war für die Variante Bienchen und Blümchen, während Papa den Besuch beim Onkel auf dem Bauernhof mit Kaninchen und Hühnern besser fand. Die Tiere auf dem Bauernhof gefielen Lisa sehr. Sie bat ihre Eltern, das nächste Mal ihren Freund Jan mitnehmen zu dürfen, der Tiere auch sehr mag. Der Gedanke an Jan brachte sie zurück zu der Frage nach ihrer Herkunft und sie meinte:“Jan kommt übrigens aus Nordrhein-Westfalen, und woher komme ich?“
Den ersten Schnee nahm Helga Licher zum Anlaß, eine Situation aus dem Kindergarten wiederzugeben: Es sollte ein Schneemann gebaut werden. Dazu mussten mit Hilfe der Kindergärtnerin Schneestiefel angezogen werden, aber in dieser Geschichte nicht nur einmal, sondern gleich mehrere Male wegen der Ziegenfüße, der Stiefel vom Bruder und nicht zuletzt wegen der Handschuhe, die noch vorne in den Stiefeln steckten.
Ein weiteres Thema ist die Vorliebe von Frauen fürs Schuhe kaufen. „Schuhgeschäfte ziehen die Frauen magisch an“, so die Autorin, „sie kaufen sich bis zu fünf Paar Schuhe im Jahr und verbinden mit Schuhen ein Lebensgefühl. Männer hingegen gehen mit einem Paar Schuhe eine Beziehung fürs Leben ein“.
In ihren Erzählbänden finden sich unter anderem auch lebensnah geschilderte missglückte Versuche, mit Diäten abzunehmen. Oder vor dem Geldautomaten wird nach Zahlendrehern verzweifelt nach der Eselsbrücke für die Geheimzahl gesucht, nicht ohne auf nachdenkliche Weise darauf aufmerksam zu machen, dass unser Leben in weiten Teilen von Zahlen bestimmt wird. Die für viele zur Sucht gewordene Jagd nach Schnäppchen, die man eigentlich gar nicht gebraucht, ist bei Helga Licher ebenso Thema wie die Statistiken, die über uns erhoben werden und die nur selten zutreffen, wie die Autorin an anschaulichen Beispielen aufzuzeigen weiss.
Den Abschluss ihrer Lesung bildeten zwei stimmungsvolle Erzählungen über den Duft des Sommers und den Abschied von einer Insel nach einem Urlaub im Spätsommer. Helga Licher hat den Landfrauen nicht nur Heiteres und Erfrischendes geboten, sondern ihr Publikum mit ihrer Erzählkunst mitgenommen in andere Zeiten, an viele verschiedene Handlungsorte und hat ihre Zuhörerinnen in fröhliche bis hin zu nachdenkliche Stimmungen versetzt.